Haseloffs Einlassung in der aktuellen Debatte um das Hissen der Deutschlandfahne ist politisch kalkuliert, demokratisch fahrlässig und historisch naiv – besonders in der aktuellen Lage (MZ, 6. Mai 2025, Hagen Eichler, Seite 1).
Dass sich der CDU-Ministerpräsident eines ostdeutschen Bundeslands genau jetzt zu einem „Statement für Schwarz-Rot-Gold“ äußert, während der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextrem einstuft, in mehreren Landkreisen CDU-Politiker AfD-Anträgen zur Dauerbeflaggung zustimmen und eine gesellschaftliche Debatte über die Normalisierung autoritärer Symbolpolitik läuft ist nicht einfach nur „unglücklich“ – es ist ein Verstärker genau jener Normalisierung, die kritisiert werden muss.
Dabei handelt es sich nicht um eine Debatte im luftleeren Raum, wenn genau jetzt sich Haseloff dazu äußert. Wenn rechtsextreme Kräfte Flaggenpolitik als Teil eines ideologischen Projekts pushen, und CDU-Vertreter in mehreren Kreisen dazu beitragen, ist es brandgefährlich, wenn der Regierungschef mit dem Satz „Ein Statement für unser Land“ das ganze auch noch positiv auflädt, ohne die politische Dimension zu benennen.
Der Hinweis auf Frankreich ist rhetorisch geschickt, aber politisch irreführend. Frankreich hat eine andere Geschichte, ein anderes Verhältnis zur Nation, und ein anderes Verständnis von Laizismus und republikanischer Symbolik. Die deutschen Farben haben eine besondere Bedeutung durch ihre Missbrauchsgeschichte im Nationalsozialismus und durch ihren bewussten Gebrauch in der Bundesrepublik als reflektiertes Gegensymbol. Diese Geschichte unterschlägt Haseloff komplett.
Haseloff „respektiert“, dass Kommunen darüber entscheiden – gut. Aber er verzichtet komplett darauf, politische Führung zu übernehmen. Er hätte sagen können: Ja zur Flagge – aber nicht Seite an Seite mit der AfD. Nicht als Symbol für einen neuen Nationalismus. Nicht ohne kritischen Kontext. Das sagt er nicht. Und damit macht er sich mitschuldig an der Entgrenzung. Sein Schweigen zur rechtsextremen Herkunft der Debatte, sein fehlender Hinweis auf die Gefahren der Symbolpolitik, und sein verklärter Vergleich mit Frankreich zeigen, dass er die politische Brisanz dieser Entwicklung entweder nicht erkennt – oder bewusst verharmlost.