Erklärung zum Kreistagsbeschluss im Saalkreis zum Antrag der AfD: Flagge zeigen!
Was am heutigen Abend im Kreistag Saalkreis passiert ist, war keine Nebensächlichkeit. Es war ein Moment, in dem politisches Wegsehen zur Methode wurde – und rechtsextreme Normalisierung zur scheinbar sachlichen Entscheidung.
Ein Antrag der AfD – vorgetragen von Dr. Hans-Thomas Tillschneider, einem offen agierenden Vertreter des rechtsextremen Flügels – wurde mehrheitlich angenommen. Die CDU hat dabei tatkräftig geholfen: Mit Zustimmung. Mit Schweigen. Mit Wegschauen. Tillschneider selbst hat kein Geheimnis aus seinen Zielen gemacht: Es ging ihm nicht um demokratische Symbolik. Es ging um Nationalstolz, um die sichtbare Demonstration staatlicher Gewalt – und um die klare Ablehnung europäischer Symbole wie der EU-Flagge.
Und wer dann zustimmt – oder sich enthält – tut das nicht aus Unwissenheit, sondern aus Wahl.
Besonders enttäuschend war die Rolle der CDU-Fraktion.
Eine Mehrheit stimmte aktiv für den Antrag. Ein Teil enthielt sich.
Und ja, auch der Landrat enthielt sich.
Enthaltung mag im Abstimmungssystem möglich sein – in der politischen Realität ist sie eine Form der Komplizenschaft.
Das „Argument“ von der „Identitätsstiftung“ wurde mehrfach bemüht.
Doch man stiftet keine Identität, indem man Symbole über ihre Bedeutung stellt.
Man verliert sie – und das im Zweifel an jene, die Demokratie nur benutzen, um sie von innen auszuhöhlen.
Dass all das geschieht, einen Tag vor dem 8. Mai, dem 80. Jahrestag der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus, ist kein unglücklicher Zufall.
Es ist eine bittere Pointe in einem Stück, das längst nicht mehr ironisch ist.
Ich und die Fraktion Linke/Grüne im Saalekreis haben sich klar gegen diesen Antrag ausgesprochen. Nicht aus Parteiräson, sondern aus Überzeugung.
Unsere Geschichte ist nicht dekorativ. Sie ist verpflichtend.
Wer heute mit Tillschneider stimmt, stimmt für ein anderes Bild von Staat, Geschichte und Gesellschaft. Und jeder Handschlag danach zählt mit.
Die Demokratie verteidigt sich nicht mit Fahnen – sondern mit Haltung.
Und wir werden unsere behalten.