Ein CDU-Landrat macht es vor: Nach dem Jerichower Land zieht nun auch Mansfeld-Südharz nach. Der CDU-Landrat André Schröder hat dort angekündigt, dass vor Dienstgebäuden und Schulen künftig dauerhaft die deutsche Flagge wehen soll. Im Kreistag des Saalekreises steht der Beschluss der AfD am kommenden Mittwoch auf der Tagesordnung. Die Begründung des Landrats: „Der Umgang mit Nationalsymbolen wie der deutschen Fahne könne Identität stiften.“
„Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die CDU den ersten Schritt zur erinnerungspolitischen Selbstaufgabe geht – und das ausgerechnet Hand in Hand mit dem völkisch-nationalen AfD-Flügel um Tillschneider?“ Was kommt als Nächstes? Der morgendliche Fahnenappell auf dem Schulhof? Gemeinsames Absingen der Nationalhymne unter Anleitung des Landratsamts? Auch das könnte der CDU inzwischen gefallen – wenn es hilft, mit der AfD auf einer Linie zu bleiben.
„Wer glaubt, Identität durch Alltagsnationalismus herzustellen, ersetzt kritisches Bewusstsein durch Symbolpolitik. Das ist nicht konservativ – das ist gefährlich.“
Das ist nicht Identitätsstiftung – das ist Symbolpolitik aus der Mottenkiste des autoritären Denkens. Wer Demokratie auf ein Stück Stoff am Mast reduziert, hat das Wesen dieser Republik nicht verstanden.
Und wer glaubt, mit der AfD auf diesem Weg gemeinsame Sache machen zu können, verliert nicht nur Haltung – sondern auch historisches Verantwortungsbewusstsein.
Ich habe lange daran geglaubt, dass konservative Parteien in einer offenen Gesellschaft ihre Rolle haben – als Korrektiv, als Stimme des Bewahrens. Aber was wir hier sehen, ist kein Konservatismus mehr. Es ist ein Rückschritt. Ein Einknicken. Eine ideologische Selbstverzwergung.
Während weltweit autoritäre Nationalismen neue Stärke gewinnen, ist das letzte, was wir brauchen, ein Fahnenfetisch im ländlichen Deutschland.
Denn wer nationale Symbole instrumentalisiert, um das Gedenken kleinzumachen und die Kritik an staatlichem Handeln zu delegitimieren, der spielt mit der Substanz unserer Demokratie.
„Wer nicht erkennt, wohin dieser Weg führt, hat seinen Kompass verloren – oder ihn bisher gut versteckt.“
Ich werde diesen Antrag entschieden ablehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass der AfD-Flügel über CDU-Hände in die Symbolpolitik unserer Schulen, Rathäuser und Alltagswelt greift.
Wer glaubt, Menschen, denen Hoffnung, Anerkennung, Respekt und Zukunftsperspektiven fehlen, mit nationalem Stolz abspeisen zu können – der hat aus unserer Geschichte nichts gelernt.
Das ist nicht Fürsorge für die sogenannte „Volksseele“ – das ist Zynismus auf offener Bühne.
Und dieser Zynismus wird zur Farce, wenn nur einen Tag nach der geplanten Kreistagssitzung, am 8. Mai, europaweit dem 80. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus gedacht wird.
Wer an einem Tag mit Tillschneider Flaggen hisst – und am nächsten Tag Blumen am Mahnmal niederlegt – der sollte sich fragen, wie glaubwürdig sein politisches Gedenken überhaupt noch ist.